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Volksdorf: Aus uralter Zeit

Ein erdgeschichtlicher Spaziergang durch das vor Jahrtausenden vom Inlandeis geformte Volksdorf

Am Sonntag, 3. November, um 19:30 Uhr:  „Gletscher in Volksdorf“  –  Vortrag von Dr. Alf Grube (Geologisches Landesamt). Freier Eintritt –  Anmeldung sichert den Platz: schulkate.volksdorf@arcor.de (Sponsor des Abends: StiftungVolksdorf) www.schulkate.de

Überblick / Einführung
Das heutige Landschaftsbild Volksdorfs ist bekanntermaßen durch die Gletscher bzw. das Inlandeis  der letzten Kaltzeit geprägt worden. Entsprechende erd- bzw. landschaftsgeschichtliche Zeugnisse begegnen einem auf Schritt und Tritt.

Von den 3 großen Vereisungsphasen des Eiszeitalters, in deren Verlauf mindestens sechs großräumige Vereisungen in Norddeutschland auftraten, und die alle ihre Spuren im „Geologischen Buch“ bzw. dem Untergrund hinterlassen haben, ist die Jüngste, die Weichsel-Kaltzeit von besonderer Bedeutung für unsere Landschaft. Die Bildung des Untergrunds reicht jedoch noch viel weiter zurück in der Erdgeschichte. So ist z. B. die erste Inlandvereisung vor ca. 400.000 Jahren, die Elster-Kaltzeit, für die Formung des Untergrundes bis in einige hundert Meter Tiefe, und damit für die Trinkwassergewinnung im Norden von Hamburg, von großer Bedeutung.

Der tiefere Untergrund

Die Ablagerungen des Eiszeitalters (2,6 Mio. Jahre bis Heute) in Norddeutschland liegen meist auf Sedimenten des Braunkohlenzeitalters („Tertiär“; 65 Mio. bis 2,6 Mio. Jahre vor Heute). Zu Letzteren gehört der in einem ehemaligen Meeresbereich abgelagerte Glimmerton und die für die Grundwassergewinnung genutzten Unteren und Oberen Braunkohlensande, die in den damaligen ausgedehnten Flusssystemen abgelagert wurden. Darunter folgen Ablagerungen vieler älterer erdgeschichtliche Abschnitte, z. B. jene der Kreidezeit (80 Mio. Jahre vor heute) mit Überresten der Dinosaurier. Diese Ablagerungen sind jedoch heute meist nur in Form von Geschieben sichtbar, also Gesteinsfragmenten, die die Gletscher von woanders mitgebracht oder aufgearbeitet haben – oder natürlich in Bohrungen. In den Wartenbergen bei Ahrensburg finden sich z. B. Jura-Gesteine mit Ammoniten in Form der Geschiebe-Knollen der „Ahrensburger Geschiebesippe“ (Gesteine des Jura).

Das Eiszeitalter besitzt für Norddeutschland deshalb eine besondere Bedeutung, da die Ablagerungen aus dieser Zeit den Bereich fast vollständig bedecken und während dieser Zeit auch das Oberflächenbild maßgeblich geprägt wurde. Diese Phase zeigt generell einen Wechsel von kälteren und wärmeren klimatischen Abschnitten. Besondere Bedeutung kommt dabei den Inlandvereisungen zu, die zwar nur verhältnismäßig kurz – d. h. einige tausend Jahre – waren, jedoch den größten Einfluss auf die Ablagerungen und die Landschaftsformen hatten. Über weite Teile des Eiszeitalters gab es einen Wechsel zwischen gemäßigten und arktischen Klima, jedoch keine Vereisung in Skandinavien. Während der ersten großräumigen „Vereisung“, der Elster-Vereisung, wurden dann jedoch in Norddeutschland tiefe Rinnen unter dem Inlandeis gebildet, die in Hamburg eine Tiefe von 450 Meter erreichen. Diese spielen für die Trinkwassergewinnung eine bedeutende Rolle spielen. Eine der bedeutendsten Rinnen in Hamburg ist tatsächlich nach dem Stadtteil Volksdorf benannt, durch die sie verläuft. Nach Einschneidung der „Volksdorfer Rinne“ wurde diese relativ schnell wieder mit groben Schmelzwassersanden verfüllt, die aufgrund der guten Wasserdurchlässigkeit für die Sammlung von Grundwasser besonders geeignet. Das tiefe Grundwasser strömt zum großen Teil aus den benachbarten Unteren und Oberen Braunkohlesanden (UBEKS, OBKS) zu – Sande die bis zu über 100 Meter mächtig werden können. Zum Aspekt „Lebensmittel Nr. 1“: Das Wasserwerk Waldddörfer in Volksdorf fördert ca. 14 Mio. m3/a aus 33 Brunnen, davon 11 in den OBKS bzw. der Volksdorfer Rinne; und 11 in den UBKS bzw. der Volksdorfer Rinne. Das geförderte, mittelharte Grundwasser hat, auch aufgrund seines Alters von Jahrzehnten bis zu Jahrtausenden, eine große Reinheit.

Innerhalb des auf die Elster-Kaltzeit folgenden Saale-Komplexes können grob zwei Phasen unterschieden werden, die erste zeigte keine Vereisungen, hingegen mehrere Wärmphasen. Der zweite Abschnitt beinhaltet drei ausgedehnte Vereisungsphasen. Die während der Saale gebildeten Landschaften machen, durch jüngere Prozesse überformt, den Großteil Hamburgs aus – die so genannte nördliche und südliche Geest, die durch das ausgedehnte Elbe-Urstromtal getrennt sind. Schließlich folgte die Weichsel-Kaltzeit, auf die im Folgenden genauer eingegangen werden soll. Während all dieser Vereisungsphasen wurden Geschiebemergel und -lehme sowie Schmelzwassersande abgelagert, allerdings ist meistens – erosionsbedingt – nur ein Teil der ehemalig abgelagerten Profilfolge erhalten.

Abb. 1: Geologisches Modell (Aspen SKUA); Bearbeitung Kai Damerau) des nördlichen Hamburgs mit einem Ausschnitt der Ablagerungen des Braunkohlenzeitalters, in die während der Elster-Kaltzeit die bis zu 450 m tiefe Volksdorfer Rinne eingeschnitten wurde. Orangene bis braune Schichten (Unterseiten) umfassen das Tertiär. In grau ist die Unterkante der eiszeitlichen Gesteine mit der Rinne eingezeichnet. Die grüne Fläche ist die heutige Erdoberfläche.

Die Weichsel-Kaltzeit und die heutigen Landschaftsformen

Volksdorf und seine Umgebung wurden maßgeblich während der Weichsel-Kaltzeit (115.000 bis 11.560 Jahre vor Heute) geformt. Hierbei handelt es sich um eine andauernde, vorwiegend kalte Phase, die wechselnde Klima- und Umweltbedingungen zeigt. Tatsächlich war die, bzw. waren die Phasen mit einer Inlandvereisung relativ kurz. Über eine erste frühe Vergletscherung innerhalb der Weichsel-Kaltzeit in Norddeutschland um 50.000 Jahre vor Heute wird in Wissenschaftskreises noch gestritten. Die Hauptphase der Vergletscherung kann mit ungefähr 23.000 bis 20.000 Jahre eingeordnet werden. Die Gletscher dieses so genannten Hochglazials bedeckten maximal ca. ein Drittel der Landesfläche von Schleswig-Holstein. Hamburg wurden nur im Nordosten von der Weichselvergletscherung erreicht. Grob kann hierbei folgende Linie für die maximale Vereisungsgrenze des Weichsel-Hochglazials im Hamburger Bereich angegeben werden: Wilstedt – Lemsahl-Mellingstedt – Sasel – Berne – Rahlstedt – Barsbüttel – Grande. Daran ist erkennbar, dass Volksdorf auch während der Weichsel-Kaltzeit komplett vom Inlandeis bedeckt war. Eine genaue Abgrenzung der Jungmoräne (ehemalige Weichseleis-Flächen) zum Bereich der Altmoräne (Moränenlandschaften der Saale und der Elster-Kaltzeit) ist oft schwierig, da die Weichsel-Vereisung zumindest in Hamburg und im südlichen Schleswig-Holstein wenige deutliche Eisrandlagen hinterlassen hat. Deshalb wird aktuell versucht, mit verschiedenen geologischen Methoden eine genauere Abgrenzung der Maximalausdehnung des Weichseleises durchzuführen. Eine deutlich aufragende Eisrandlage, die während einer bereits zurückgezogen Weichselrandlage gebildet wurde, ist der Bocksberg-Schübarg-Zug. Diese zeigt in ihrem Inneren eine massive Deformation (auch „glazitektonische D.“ genannt), d.h. das bis zu über 1.000 Meter dicke Inlandeis hat hier die Schichten des Höhenzuges stark durcheinandergebracht.

Auf den Altmoränenflächen Schleswig-Holsteins und Hamburgs bewirkten – außerhalb des Inlandeises – während der Weichsel-Kaltzeit vielfältige periglaziär-geomorphologische Prozesse über Zehntausende von Jahren flächenhaft eine Einebnung des Reliefs. So haben Solifluktion, d. h. das Abrutschen von wassergesättigtem Material auf dem unterliegenden Permafrost, und Abluation, die flächenhafte Abspülung von Material, eine Abflachung der Landschaft bewirkt. Generell wurden dabei die Kuppen abgetragen, die benachbarten Senken mit Material ausgefüllt. In der Jungmoräne hatten diese Prozesse grundsätzlich weniger Zeit zu wirken, d.h. nur einige tausend Jahre. Daher haben wir hier ein relativ „junges Relief“ vorliegen, mit zahlreichen Hohlformen, die noch Seen beinhalten. Hierzu gehört die Toteishohlfom Timmermoor, die durch einen im Sediment verschütteten, liegengebliebenen Eisblock und dessen langsames Abtauen gebildet wurde. Das Kibietzmoor könnte eine ähnliche Entstehung gehabt haben, allerdings sind hier die Bildungsbedingungen noch nicht endgültig geklärt.

Eine häufige Oberflächenform, die unter dem fließenden Inlandeis gebildet wird, sind die sogenannten „Drumlins„. Hierbei handelt es sich um parallel zur Bewegungsrichtung des Eises ausgerichtete, langgestreckt-elliptische Rücken. Sie sind asymmetrisch geformt, d.h. sie sind an ihrer Stoßseite steiler als an ihrer Leeseite. Drumlins werden bei uns oft einige hundert Meter lang. Schöne Beispiele sind der Schairberg und Umgebung zwischen Volksdorf und Ahrensburg. Wegen ihrer Form wurden Drumlins teilweise auch als Schildrücken benannt. Drumlins bestehen meist aus bindigem Material, können jedoch im Inneren unterschiedlich aufgebaut sein, z. B. aus Geschiebelehm/- mergel oder Schmelzwassersanden. Ganz anders entstanden sind die sogenannten Kames, sandig- kiesige Kuppen, die während der Abschmelzphase der Vergletscherung entstanden. Beim Abschmelzen des Inlandeises kam es zu einer Ansammlung von Material aus dem Gletscher in Hohlformen auf dem Eis, die dann als rundliche Hügel zurückblieben. Der Mellenberg dürfte auf diese oder ähnliche Weise entstanden sein.

Abb. 3: Der Mellenberg, eine prägnante Kiessand-Kuppe im Volksdorfer Wald

Eine Besonderheit der Landschaften Norddeutschlands stellen weiterhin Täler dar, die subglazial geformt, d. h. durch Abfluss von Schmelzwässern unter dem Gletschereis. Diese Formen werden Tunneltäler genannt. Bekannte Beispiele in unserem Bereich sind das Stellmoor-Ahrensburger Tunneltal östlich von Volksdorf und die Teichwiesen und Umgebung im Zentrum von Volksdorf. Unter dem Inlandeis herrschen spezielle Bedingungen, wie hohe hydraulische Drucke des Schmelz-, bzw. Grundwassers. Bei subglazialen Tälern i. e. S. handelt es sich um Täler, die einige Zehner Meter tief angelegt sein können, die sich vorwiegend im Randbereich von Vereisungen bildeten und die meist radial zum ehemaligen Eisrand verlaufen. Sie besitzen im Querschnitt eine U-förmige Gestalt. Direkter Gletscherschurf („Exaration“) und Erosion durch Schmelzwasser dürften hier bei der primären Ausformung zusammengewirkt haben. Tunneltäler sind besonders dadurch gekennzeichnet, dass sie kein durchgehendes Längsgefälle ihrer Sohle aufweisen, d. h. entlang dieser in einzelne Schwellen- und Senken-Bereiche gegliedert sind. Dieses ist zumindest teilweise darauf zurückzuführen, dass die unter hohem hydrostatischem Druck stehenden Schmelzwässer eine große Tiefenerosions-Leistung hatten. Im Talverlauf der Tunneltäler finden sich verbreitet bis zu vielen Meter dicke Ablagerungen der ersten Wärmeschwankungen am Ende der Weichsel-Kaltzeit („Interstadiale“: Meiendorf-, Bölling-/Alleröd; ca. 12.500 bis 10.500 Jahre vor Heute) sowie der folgenden, jetzigen Warmzeit (Holozän), d.h. ehemalige Seeablagerungen und Torfe – diese „verschleiern“ die kaltzeitlich angelegten Oberflächenformen.

Weitere Quellen

Ehlers, J. (2013): Geologische Karte von Hamburg 1: 25 000 Erläuterungen zu Blatt Nr. 2426 Wandsbek. – Geologisches Landesamt Hamburg (ISBN: 9783981098167; Eigenverlag).

Grube, F. (1963): Gletscher in Volksdorf. – Unsere Heimat – Die Walddörfer 4.

Grube, F. (1969): Zur Geologie der weichselzeitlichen Gletscherrandzone von Rahlstedt-Meiendorf. – Abh. Naturw. Ver. Hamburg 13: 141-194.

Grube, F. (1971): Zur Geologie der Jungmoränen-Landschaft von Hoisbüttel bei Hamburg. – Alster- Jahrbuch 50: 5-11.

Homci, H. (1972): Jungpleistozäne Tunneltäler im Nordosten von Hamburg (Rahlstedt-Meiendorf). – 86 S., Diss., Univ. Hamburg.

Danksagung und weitere Informationen: Herrn Betriebsleiter Timo Kern von HAMBURG WASSER sei für Informationen zum Wasserwerk Walddörfer gedankt.

Weitere Informationen zur Geologie Volksdorfs finden Sie im Internet, hier unter „Bohrdatenportal Hamburg“.

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